«Morgens bin ich Papa, abends Koch des Jahres»

30. September 2024

19 Punkte und Koch des Jahres! Marco Campanella über seine Doppelrolle, die Bedeutung des Teams für den Erfolg und das grosse Staunen seiner Eltern.

Nicht nur Koch des Jahres, sondern gleich noch der 19. Gault-Millau-Punkt fürs La Brezza in Ascona – Marco Campanella ist ab sofort in einem Atemzug mit Andreas Caminada, Peter Knogl und Co. zu nennen! Die Höchstwertung erhält der Spitzenkoch vorderhand «nur» fürs La Brezza in Ascona, wo er im Sommer kocht. Sein Winter-Pendant in Arosa bleibt vorerst bei 18 Punkten.

Die wichtigsten Resultate Auszeichnungen des Gault Millau 2025 erfahren Sie unten. Hier lesen Sie zuerst das marmite-Interview mit dem frisch gebackenen Koch des Jahres 2025.

Wann und wie haben Sie erfahren, dass Sie der Koch des Jahres 2025 sind?

Urs Heller nahm mich am 11. August an der Gault-Millau Garden Party zur Seite und fragte, ob ich mich über den Titel freue. Ich wusste von nichts und konnte es erst gar nicht fassen. Mein Arbeitgeber, das Hotel Eden Roc in Ascona, hatte mir gesagt, am 29. und 30. September finde ein wichtiger Kundenevent statt, deshalb müsse ich das Restaurant ausserterminlich für zwei Tage öffnen.

Wer Koch des Jahres wird, muss ausserhalb des engsten Kreises bis zum Tag der Bekanntgabe ein Geheimnis bleiben. War es schwierig für Sie, so lange dichtzuhalten?

Ich glaube, ich habe das ganz gut hin­bekommen. Wenn Kochkollegen anriefen und mich auf entsprechende Gerüchte ansprachen, stellte ich mich einfach ahnungslos. Mein Team habe ich eine Woche vor dem Event informiert, damit sicher auch alle an dem Tag an Bord sind.

Mit 32 sind Sie der jüngste Koch des Jahres nach Ihrem früheren Chef Andreas Caminada, der den Titel vor 17 Jahren als 30-Jähriger gewann. Macht das die Ehrung noch spezieller?

Ganz ehrlich: Ich habe nie damit gerechnet, einmal Koch des Jahres zu werden. Und schon gar nicht in diesem Alter. Auch meine Eltern wussten gar nicht, wovon ich rede, als ich Sie für den Tag der Ehrung eingeladen habe. Sie sind extra aus Süditalien angereist und natürlich überglücklich. Mein Bruder hat mich in die Arme genommen und gesagt, ich solle genau so bleiben, wie ich bin.

Wie bekommen Sie Ihre beiden Rollen als Küchenchef im Restaurant La Brezza und als Vater einer kleinen Tochter unter einen Hut?

Zunächst einmal bin ich ja nicht allein. Daheim habe ich meine Frau, im Hotel mein Team. Ansonsten versuche ich den Tag zweizuteilen. Der Morgen gehört meiner Tochter, der Abend dem La Brezza. Lustigerweise weiss das meine Tochter genau: Am Morgen will sie immer nur zu Papa.

Ist die Müdigkeit durch die teils kurzen Nächte kein Problem für Sie?

Inzwischen geht es. Anfangs war es aber schon sehr hart. Ich spürte auch, dass mir meine Kreativität in der Küche teilweise abhanden kam. Meine Frau und ich waren früher Langschläfer. Jetzt können wir uns aber erst einmal erholen. Wir belohnen uns mit drei Wochen Ferien auf den Seychellen.

Am Tag vor der offiziellen Ehrung als Koch des Jahres haben Sie für alle sechs 19-Punkte-Chefs gekocht. Wie fühlte sich das an?

Ich war ganz schön nervös. Andreas Caminada ass 2019 schon einmal bei mir, dazu je einmal Heiko Nieder und Tanja Grandits.  Alle anderen durfte ich das erste Mal bewirten. Von den 19-Punkte-Chefs Feedback auf mein Menü zu bekommen, ist für mich sehr, sehr wertvoll. Wann hat man sonst schon einmal so viel geballte Kompetenz an einem Tisch sitzen?

Und was gab es zu essen?

Ein 7-Gänge-Menü mit Gerichten, die typisch sind für die La-Brezza-Küche. Unter anderem Luma-Kalbs-Tatar mit Sardelle, Gurke und Créme fraîche, Kaisergranat mit Gewürz-Karotte und Short-Ribs mit Nacken­-Carpaccio, Peperoni und Spitzkohl. Als Dessert liess meine Pâtissière Livia Bucheli eine Kreation mit Schokolade aus Costa Rica, Brombeeren und Kakaofruchtsaft servieren. Ein Beispiel dafür, dass auch vegane Dessert und vegane Gerichte überhaupt auf diesem Niveau ihren Platz haben. Wir bieten ja immer ein Menü an, das ganz ohne tierischen Produkte auskommt.

Was ist – neben Kreativität. erstklassigem Handwerk und exzellenten Produkten – das Geheimnis Ihres Erfolgs im La Brezza?

Die Kontinuität ist enorm wichtig. Höchstleistungen kann man nur in einem eingespielten Team erbringen. Ich bemühe mich deshalb sehr darum, dass alle mit Freude zur Arbeit kommen. Jeder und jede ist gleich wichtig. Wir sind zu acht, sechs in der Küche, zwei im Office. Würden diese beiden nicht immer dafür sorgen, dass Geschirr, Besteck und Gläser blitzblank poliert sind, hätten wir ein grosses Problem.

Wann geht es für Sie hoch ins Tschuggen Grand Hotel in Arosa, wo das La Brezza den Winter über beheimatet ist?

Wiedereröffnung des La Brezza Arosa ist am 13. Dezember. Ich werde zwei Wochen früher oben sein, um mich mit meinem Team sorgfältig auf die Saison vorbereiten zu können. Wir alle möchten, dass die Gäste begeistert sind, wenn sie uns besuchen.

Die Auszeichnungen im Gault Millau 2025

Koch des Jahres: Marco Campanella, La Brezza, Ascona TI / Arosa GR

Aufsteiger des Jahres in der Deutschschweiz I: Dominik Sato / Fabio Toffolon, The Japanese Restaurant, Andermatt UR (18 Punkte)

Aufsteiger des Jahres in der Deutschschweiz II: Dominik Hartmann, Magdalena, Rickenbach SZ (18 Punkte)

Aufsteiger des Jahres in der Deutschschweiz III: Fabrizio Zanetti, Suvretta House, St Moritz GR (17 Punkte)

Aufsteiger des Jahres in der Westschweiz I: Romain Paillereau, Restaurant des Trois Tours, Bourguillon FR (18 Punkte)

Aufsteiger des Jahres in der Westschweiz II: Lucrèce Laccio, Le Berceau des Sens, Lausanne VD (17 Punkte)

Entdeckung des Jahres in der Deutschschweiz: Dan Rodriguez-Zaugg / Alejandro Polo, Sommerlust, Schaffhausen SH (15 Punkte)

Entdeckung des Jahres in der Deutschschweiz II: André Kneubühler, The Omnia, Zermatt VS (16 Punkte)

Entdeckung des Jahres in der Westschweiz: Quentin Philippe, Arakel, Genf GE (15 Punkte)

Entdeckung des Jahres im Tessin: Joao Antunes, Villa Emden, Brissago TI (14 Punkte)

«The Green Chef of the Year»: Nicolas Darnauguilhem, La Pinte des Mossettes, Cerniat FR (17 Punkte)

Sommelier des Jahres: Fabian Mennel, Taverne zum Schäfli, Wigoltingen TG

Pâtissier des Jahres: Titouan Claude, Hotel The Woodward, Genf GE

Gastgeberin des Jahres : Ines Triebenbacher, Igniv, Zürich ZH

Schweizer Star im Ausland: Roman Götsch, One&Only Le Saint Géran, Mauritius

880 Adressen sind im neuen Guide gelistet: 96 Neuentdeckungen, 103 Aufsteiger, 42 Chefs verlieren einen Punkt.

Die bisherigen 19-Punkte-Chefs konnten ihre Position verteidigen. Das Sextett an der Spitze:

Peter Knogl, Cheval Blanc, Basel

Tanja Grandits, Stucki, Basel

Franck Giovannini, Restaurant de l’Hôtel de Ville, Crissier VD

Andreas Caminada / Marcel Skibba, Schloss Schauenstein, Fürstenau, GR

Philippe Chevrier / Damien Coche, Domaine de Châteauvieux, Satigny GE

Heiko Nieder, The Restaurant, Zürich

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