Die Poesie der genussvollen Stille
Das Château de Montcaud in der Provence ist ein zauberhaftes Stück Frankreich. Hier scheint die Zeit stillzustehen – ausser in der Küche, die ihren Michelin-Stern mehr als verdient hat. Am Herd: ein früherer Schüler von Peter Knogl.


Pünktlich zum Sonnenuntergang schwillt das Quaken der Frösche zu einem beachtlichen Crescendo an, und die Grillen mögen zirpen, wie sie wollen: Sie kommen nicht dagegen an. Sonst aber ist es wunderbar still und friedlich in der weitläufigen Parkanlage des Château de Montcaud in Sabran im Languedoc-Roussillon. Vom Eingangstor des Anwesens führt eine Pappelallee zum prächtigen Hauptgebäude mit ausladender Freitreppe. Dort warten Rolf und Andrea Bertschi, die das Schloss mit viel Herzblut als Hotel führen.
Im Frühling 2016 kamen die Bertschis erstmals hierher – und fanden ein ziemliches Durcheinander vor. Trotzdem verliebten sie sich in den Ort. Genauso wie Andreas Vater, der frühere Chivaudon-Chef Jürg Witmer. Er ersteigerte das Schloss und liess es mit grossem Aufwand renovieren. Heute prägt eine zurückhaltende Eleganz das Haus. Man wähnt sich eher zu Gast bei Freunden als in einem Hotel. Fernseher gibt es in den Zimmern keine, dafür verfügt das Schloss über eine bestens bestückte Bibliothek, unter anderem mit den Büchern des grossen belgischen Schriftstellers Georges Simenon, den Jürg Witmer sehr bewundert. Unter freiem Himmel locken ein Swimmingpool, eine Pétanque-Bahn und diverse lauschige Plätzchen zum Lesen, Dösen und Träumen. Kurzum: ein kleines Paradies.

Das Château feiert in diesem Jahr seinen 150. Geburtstag. Erbauen liess es einst ein Seidenhändler mit dem klingenden Namen Alexandre Eugène Collain. Doch das Juwel blieb nur zwei Generationen in Familienbesitz. Collains Sohn Florentin war spielsüchtig und verlor nebst viel Geld auch die Immobilie mitsamt Umschwung. Dass sein Herzensprojekt nun in so guten Händen ist, dürfte Collain senior trösten, wenn er von seiner Wolke aufs Château de Montcaud hinabblickt. Die Bertschis haben sogar die Seidenproduktion wieder angestossen und arbeiten mit einem Start-up aus den Cevennen an der Renaissance des für die Region einst so bedeutenden Wirtschaftszweigs. Sechs Hektar sind in den Hügeln um Sabran bereits mit Maulbeerbäumen bepflanzt, deren Blätter die einzige Nahrung sind, die Seidenraupen nicht verschmähen.
Im zweiten Teil unserer Reportage offenbart sich das kulinarische Herz des Château de Montcaud: Wie schmeckt ein Frühling in der Provence, wenn er von einem Schüler Peter Knogls komponiert wurde? Sternekoch Mathieu Hervé bringt mit feinsinniger Hand regionale Zutaten und grosse Handwerkskunst auf die Teller.
Lesen Sie weiter in der neusten Ausgabe von marmite und entdecken Sie, warum selbst der Guide Michelin nicht widerstehen konnte.
marmite 02/2025
Text: Alex Kühn
Bilder: Château de Montcaud
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