Neuer Wind im Alten Torkel
Ende Februar übernahmen Julia und Oliver Friedrich den Alten Torkel in Jenins. Dann kam Corona und drohte, den Traum der jungen Gastronomen jäh zu beenden. Am 15. Mai folgte die zweite Eröffnung. Den Gästen gefällts inzwischen so gut, dass es ohne Reservierung schwierig wird, einen Platz zu ergattern.
Der Ruf eilt dem neuen Alten Torkel bereits nach wenigen Betriebswochen voraus: Auf Schloss Schauenstein gibt Andreas Caminada seinen Hotelgästen mit auf den Heimweg, doch bei seinem früheren Maître und Sommelier Oliver Friedrich in Jenins vorbeizuschauen. Auch im nur wenige Kilometer entfernten Grand Resort Bad Ragaz empfiehlt man den Alten Torkel zur Einkehr, wenn nach etwas bodenständig Gutem gefragt wird.
Da das Lokal montags und dienstags offen hat, trifft man hier auch regelmässig auf bekannte Gesichter aus der Gastroszene – bei unserem Besuch ist es Igniv-Küchenchef Silvio Germann, der gerade Urlaub hat und sich hier mit einem Bekannten zum Lunch verabredet hat, bevor sie zum benachbarten Golfplatz aufbrechen.
Und wenn wir schon beim «name dropping» sind: Auch ein Christian Kuchler vom Schäfli in Wigoltingen, ein Sven Wassmer vom Memories in Bad Ragaz, ein Mike Wehrle vom Bürgenstock oder ein Christian Nickel vom Park Hotel Vitznau wurden hier in den letzten Tagen und Wochen schon gesichtet.
Reservation dringend empfohlen
Das spricht sich natürlich in der Foodie-Szene schnell herum. Und deshalb kommen immer öfter mehr Leute, als im heimeligen Restaurant und auf der Terrasse Platz finden. Wer da auf Nummer sicher gehen und die (zumindest sehr schöne) Anfahrt durch die Weinberge der Bündner Herrschaft nicht vergebens machen will, sollte also auf jeden Fall vorher reservieren.
Sie seien natürlich hocherfreut über die rasche und gute Akzeptanz, meint Oliver Friedrich, als er kurz am Tisch Halt macht. Aber deswegen abheben würden sie sicher nicht. Der Anfang sei sehr hart gewesen: «Man kann so viel falsch machen, darum waren wir sehr vorsichtig zu Beginn. Vor allem, was den Personalbestand anging. Ich musste ausserdem sehr viel Wein zukaufen und fragte mich ständig: Geht das auf, können wir die Zahlen erreichen, die es braucht, um über die Runden zu kommen?» Und dann kam das Virus.
Schockstarre und Befreiungsschlag
Die Friedrichs befanden sich regelrecht in Schockstarre, als sie kurz nach der Premiere bereits wieder schliessen mussten: «Wir hatten zehn Jahre davon geträumt, einmal dieses Lokal zu übernehmen», erinnert sich Oliver Friedrich schaudernd zurück. «Es gab eine öffentliche Ausschreibung. Wir haben unsere Bewerbung eingeschickt und wurden zu einem Gespräch mit dem Vorstand des Branchenverbands Graubünden Wein eingeladen. Dieser wählte schliesslich uns aus den vier verbliebenen Kandidaturen aus. Wir hatten nur noch Glück im Herzen – bis der Lockdown uns komplett aus der Bahn warf.»
Das zweite Mal eröffneten die Friedrichs den neuen Alten Torkel am 15. Mai. Alles war anders: Die Speisekarte, die bis in kleinste Detail mit viel Liebe und Herzblut aus wertigen Materialien hergestellt worden war, musste durch laminierten Halbkarton ersetzt werden. Genauso die Weinkarte, die nun gefühlt als wasserdichte Bedienungsanleitung für ein Faltboot daherkommt. Die strikten Hygienevorschriften führten zu einer Verringerung der Tische. Wie sollte das gehen? Doch gerade Letzteres sollte sich im Nachhinein als positiv erweisen.
Persönlicher Empfang auf der Terrasse
«Wir hatten quasi Glück im Unglück», ist sich Oliver Friedrich heute bewusst, «denn die neuen Abstandsregeln und die vorgeschriebene Verringerung der Sitzplätze auf der Terrasse führt nun dazu, dass wir unsere ankommenden Gäste durch das ebenfalls neu eingeführte Schleusen-System schon vor dem Betreten der Terrasse individuell empfangen und einweisen können.
Das hat den positiven Nebeneffekt, dass wir – vor allem bei schönem Wetter – sofort sehen, ob für unangemeldete Gäste noch Platz ist oder nicht. Das macht es für alle einfacher, und wir haben zusätzlich die Kontrolle über unser Konzept wiedererlangt und können heute all unsere Gäste in der Qualität bedienen, wie wir das eigentlich von Anfang an vorhatten.»
Der Alte Torkel will übrigens – und das ist ein ganz bewusster Entscheid – kein Sterne-Restaurant sein. Das Lokal, das dem Branchenverband Graubünden Wein gehört, soll ein gemütlicher Treffpunkt bleiben und mit seinen süffigen Weinen und einfachen, aber liebevoll und frisch zubereiteten Speisen bei Geniessern unterschiedlichster Couleur punkten.
Das Lokal, dem auch das «Huus vom Bündner Wii» angegliedert ist, wo man viel Wissenswertes über die Bündner Herrschaft und die heimischen Winzer erfährt, soll aber keineswegs nur in der Hochsaison ein beliebtes Auflugsziel sein. Das Ziel ist, dass die Gäste und Besucher auch in den übrigen Jahreszeiten gerne hierher kommen – der urigen Gemütlichkeit wegen und weil hier das ganze Jahr über fröhliche Tafelrunden problemlos neben intimen Tête-à-Têtes Platz haben.
Der Anfang ist also gemacht. Und so schlimm Corona am Anfang auch war, so hatte der Unterbruch doch auch sein Gutes: «Die Gäste», staunt Oliver Friedrich immer wieder, «wollen im Moment einfach nur geniessen. Sie bleiben länger sitzen als je zuvor. Sie probieren und bestellen alles, was wir ihnen anbieten. Das Zusammensein und das kulinarische Erlebnis wird aktuell wieder viel höher gewichtet. Und die meisten Gäste – das ist für mich das Allerwichtigste – kommen wieder. Das heisst ja nichts anderes, als dass ihnen unser Konzept gefällt.»
Kontakt
Alter Torkel / Huus vom Bündner Wii
Jeninserstrasse 3
7307 Jenins
Tel. 081 302 36 75
genuss@alter-torkel.ch
alter-torkel.ch
Öffnungszeiten
Montag bis Donnerstag 11.30 – 13.30 und 17.30 – 22.00 Uhr
Freitag 11.30 – 13.30 und 17.30 – 23.00 Uhr
Samstag 9.00 – 23.00 Uhr (durchgehend warme Küche)
Sonntag 9.00 – 18.00 Uhr (durchgehend warme Küche)
Reservierungen
alter-torkel.ch/reservierung
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