«Der Saft von Gamberoni-Köpfen passt perfekt zu Blutorangen»
Mauro Colagreco, 2019 Nummer 1 bei The World's 50 Best, gart Perlhuhn in Cedrat Zitronen und kombiniert rohe Jakobsmuscheln mit Yuzu. Sein Restaurant, das Mirazur in Menton, liegt an einem gesegneten Ort für Zitrusfrüchte. Wann ist in Ihrem Restaurant Zitrusfrucht-Saison?
Wir haben wahrscheinlich 365 Saisons im Jahr und richten uns nach dem Mondkalender. Zitrusfrüchte spielen in unserer Küche aber das ganze Jahr über eine zentrale Rolle. Prinzipiell betrachten wir sie als Winterfrüchte, lassen aber einige von ihnen bis im Juli an den Bäumen hängen. Dann haben sie einen viel geringeren Säuregehalt, sind viel grösser und viel süsser. Wir machen das nur bei Früchten, die sich für diese Art des Wartens eignen. Einige Orangen und vor allem Kumquats schmecken im Sommer wunderbar.
Von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war die Gegend um Menton im Wesentlichen von einem Zitronenbaumwald bedeckt. Das brachte Reisende dazu, wiederzukommen, und Menton wurde zum Synonym für Zitronen. Heute werden die berühmten Menton-Zitronen in drei Kategorien oder Sorten unterteilt, die eine bestimmte DNA enthalten müssen, um als Citron de Menton mit IGP-Status verkauft werden zu können. Das Mirazur hat noch ein paar Dutzend andere Zitrusfrüchte in seinen Gärten, und die Produzenten in der Umgebung versorgen das Restaurant mit 120 Sorten, die das ganze Jahr über geerntet werden.
Was macht die Menton-Zitrone aus?
Sie hat einen sehr präzisen Säuregehalt und ist ziemlich süss. Weil sie keine nennenswerte Bitterkeit besitzt, kann man sie wie einen Apfel essen. Sie ist eine unglaubliche Frucht! Wir sind sehr stolz auf sie und freuen uns darauf, mit ihr zu arbeiten, wenn sie im Februar und März reif ist.
Im Winter erhellen die Gärten mit ihren leuchtenden Zitrusfrüchten die Dunkelheit. In der Antike wurden Orangen als Erinnerung an die Sonne verschenkt.
Mit welcher Frucht beginnt die Saison?
Im November ist zunächst die Yuzu an der Reihe. Sie verträgt sehr tiefe Temperaturen, wächst sogar bei 20 Grad unter null. Dann kommen die Makrut-Limetten und die sehr elegante Sudachi mit ihrem hohen Säuregehalt. Dazu die kostbare, zarte und vielseitig einsetzbare Finger Lime, die auch Zitronenkaviar genannt wird. Im Januar und Februar folgen Pomelo, Combawa, Grapefruit und Buddhas Hand, deren Form an die Tentakel eines Tintenfischs erinnert. März und April sind die beste Zeit für Mandarinen! Wir lieben es, mit einem Aufguss der Blätter parfümierte Glace herzustellen. So haben wir ein starkes Mandarinen-Aroma, aber ohne die Säure. Und dann ist da noch die Bigarrade, deren Süsse unübertroffen ist. Sie eignet sich perfekt für die Herstellung einer eleganten Konfitüre ohne Bitterkeit oder viel Zucker.
Die Zitrone war die erste Zitrusfrucht, die in Menton ankam. Die Phönizier brachten sie auf ihren Schiffen mit, wohl wegen ihrer Langlebigkeit aufgrund des sehr dicken Albedos, des weissen Teils zwischen Schale und Fruchtfleisch. Aber erst zur Zeit der Römer begannen sich Zitrusfrüchte in Europa wirklich zu verbreiten. Es gibt Fresken von Pompeji bis Rom, auf denen sie abgebildet sind. Man verwendete sie als Statussymbol und für medizinische Zwecke, nicht für die Küche. Im Mittelalter erlebten Zitrusfrüchte in der Gastronomie einen Aufschwung, neue Sorten in Hülle und Fülle kamen hinzu. Vor allem der Saft wurde verwertet. Die Gärten des Mirazur umfassen 5 Hektar und sind in zwei Parzellen unterteilt. Biodynamische Praktiken und Permakultur ermöglichen es, dass 1500 Pflanzensorten in Harmonie miteinander wachsen.
Teaser für die zweite Hälfte des Interviews:
Entdecken Sie, wie Blutorangen perfekt mit Gamberoni-Köpfen harmonieren, warum Cedrat-Zitronenschalen das Geheimnis für aromatisches Perlhuhn sind und wie Fischinnereien überraschend zarte Aromen entfalten. Lesen Sie das vollständige Interview in der neuesten Ausgabe von marmite und tauchen Sie ein in die faszinierende Welt der Zitrusfrüchte und ihrer kulinarischen Vielseitigkeit.
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