Bescheidener Überflieger

So jung von Erfolg zu Erfolg: Marco Campanella heimst eine Auszeichnung nach der anderen ein. Im Sommer in Ascona, im Winter in Arosa. Doch auch beim Koch des Jahres lief nicht immer alles rund.
Blackout, nichts geht mehr. Marco Campanella fühlt sich leer, blockiert. Das neue Menü für die Wintersaison schreiben? Keine Chance. Und das ausgerechnet jetzt, da er den zweiten Michelin-Stern fürs La Brezza in Ascona (Sommer) und in Arosa (Winter) erhalten hat. «Ich war frischgebackener Vater, erhielt komplett unerwartet den zweiten Stern», erinnert er sich an jene Zeit Ende 2022, die eigentlich so gar nicht zu seiner stets entspannten Persönlichkeit passt, die doch alles so nimmt, wie es eben kommen soll. «Ich lebe mit meiner Frau im Tessin und sollte die Saison in Arosa planen und starten. Es fühlte sich so falsch an, Sara und unsere Tochter Enola zu verlassen und mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Und dies neu als Zweisternekoch.»

Ein Gespräch mit seinem neun Jahre älteren Bruder Tommaso, der ebenfalls als Gastronom tätig ist, löst den Knoten. «Er riet mir ganz einfach, auf Bewährtes zu setzen. Mach doch einfach das, was du kannst. Das klingt im Nachhinein so logisch, aber in dem Moment war ich nicht richtig bei mir.» Wer Campanellas Weg verfolgt, dürfte ab dieser Anekdote erleichtert sein: Er ist also doch ein ganz normaler Mensch.
Mit erst 26 Jahren wird der Deutsch-Italiener 2018 Küchenchef im La Brezza in Ascona, ein Jahr später feiert ihn der Gault Millau als Entdeckung des Jahres – 16 Punkte. 2020 erfüllt ihm die Tschuggen Collection den Wunsch, sein Gourmet-Konzept nicht nur in der warmen Jahreszeit im Hotel Eden Roc im Tessin, sondern auch über den Winter im Tschuggen Grand Hotel im Bündnerland zelebrieren zu dürfen. 17 Punkte, erster Michelin-Stern. Die Tester stellen rasch fest, dass das Niveau an beiden Wirkungsstätten gleich hoch ist. 2022 folgt der zweite Stern, für Gault Millau ist er der Aufsteiger des Jahres, 18 Punkte. Dazu das private Glück mit der Geburt seiner Tochter. Im Herbst des vergangenen Jahres dann die vorläufige Krönung der beruflichen Laufbahn: Koch des Jahres und der 19. Punkt. All dies gepaart mit einer äusserlichen Gelassenheit, mit Bescheidenheit, mit Stimmen aus dem Umfeld, die ihn als motivierend, als Chef auf Augenhöhe und als Teamplayer beschreiben.



Wir begleiten den Koch des Jahres durch seine kulinarische Welt voller Aromen, Techniken und Inspirationen und zeigen, in welcher beeindruckenden Tradition seine betörend leckeren Saucen stehen oder wie aus Pulpo-Bällchen und Wels mit Aal ein Signature-Menü entsteht. Dies und weshalb Marco Campanella sich dank seiner Tochter von einem stressigen Tag erholen kann, lesen Sie im zweiten Teil des Artikels in der aktuellen Ausgabe von marmite.
marmite 02/2025
Text: Benny Epstein
Bilder: Digitale Massarbeit, Veit Fritz
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