«Kaviar ist wie Käse – er muss reifen»
Von der Qualität bis hin zu geschmacklichen Unterschieden – Jürg Kappeler von Sense of Delight kennt die Antwort auf alle Kaviar-Fragen.
Seit wann ist Kaviar in unseren Breiten eigentlich so begehrt und kostbar?
Erstaunlicherweise erst seit etwas mehr als hundert Jahren. Zuvor assen die Leute zwar das Fleisch des Störs, nicht aber seinen Rogen. Die Fischer in der Gironde verwendeten diesen als Hühnerfutter. Bis russische Exilanten, die vor der Oktoberrevolution 1917 nach Frankreich geflohen waren, ihnen den Wert von Kaviar vermittelten und sie realisierten, dass sie die Hühner mit schwarzem Gold gefüttert hatten.
Die Farbe des Kaviars scheint für manche Chefs fast wichtiger zu sein als der Geschmack. Nervt Sie das?
Ich versuche immer zu erklären, dass Kaviar ein Naturprodukt ist und die Farbe deshalb variiert. Instagram hat den Hype um besonders golden schimmernde Badges sicher noch befeuert. Wir machen schon spezielle Selektionen für einige Chefs, konzentrieren uns aber auf andere Parameter als die Farbe. Wir bieten zum Beispiel Kaviar an, der vier statt der üblichen drei Monate gereift ist und entsprechend salziger schmeckt.
Welche Bedeutung hat das Salz bei der Kaviarproduktion?
Eine ganz entscheidende. Wenn man den Stör-Rogen aus den Fischen entfernt, ist er noch ganz hart. Wie der leuchtend orange Tobiko auf den Sushirollen. Deshalb geht er auch nicht kaputt, wenn man ihn durch ein Sieb streicht. Erst das Salz sorgt mit der Zeit für die gewünschte Textur. Es bewirkt überdies, dass die Fischeier bei unserer Lagertemperatur von –2°C nicht gefrieren. Um reifen zu können, braucht der Kaviar ein wenig Luft. Diese fällt durch einen winzigen Schlitz in die Originaldose ein. Füllt man den Rogen nach der Reifezeit in kleinere, hermetisch abgeschlossene Dosen um, stoppt dieser Prozess.
Wie essen Sie Kaviar am liebsten?
Ganz klassisch: mit Blinis oder Kartoffeln und Crème frâiche. Dazu Zwiebeln und Zitrone zu servieren, wie es an einigen Orten noch immer üblich ist, halte ich für Unsinn. Das schadet dem Geschmack des Kaviars. Und man darf mit Kaviar nicht geizen, rund 20, 30 Gramm pro Person sollten es schon sein. Mein grosser Wunsch ist, dass der Kaviar wieder den Weg in den Gastraum findet und am Tisch in einer grossen Dose präsentiert wird.
Möchten Sie wissen, was Top-Kaviar ausmacht und wie Jürg Kappeler zum Kaviarhändler wurde? In der aktuellen Ausgabe des marmite Magazins finden Sie das vollständige Interview.
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