«Fast wie ein Guggenheim-Museum»
Am 10. September weihten die Verantwortlichen der Lindt Chocolate Competence Foundation in Kilchberg im Beisein von Tennis-Ass Roger Federer und Bundesrat Ueli Maurer mit dem «Home of Chocolate» ein langjähriges Herzensprojekt ein. marmite traf den Stiftungsratspräsidenten Ernst Tanner kurz vor dem Festakt zu einem kurzen Gespräch.
Ernst Tanner, wann wurde die Idee des Home of Chocolat geboren?
Die Grundidee zum Home of Chocolate ergab sich aus vielen Diskussionen, die ich schon lange mit unseren Kadern führe.
Wir sind in unserer Branche weltweit eine der ganz wenigen Firmen, die noch die gesamte Produktionskette von der Bohne bis zum Endprodukt abdeckt. Denn wir sind der festen Überzeugung, dass in der richtigen Auswahl der Bohnen und in der Qualität der Weiterverarbeitung der Grundstein liegt, um im Premium Chocolate Bereich zuvorderst zu sein. Ich habe deshalb schon immer gesagt, dass wir noch intensiver Basis-Forschung betreiben müssen.
Es gibt weltweit fast keine Anlagen, wo man das machen kann. Und wir selbst hatten bislang noch keine Möglichkeit, diese Art Forschung inhouse zu machen. Weil es sehr schwierig ist, während der Produktion auf unseren grossen Anlagen zu experimentieren. Aber gleichzeitig müssen wir auch laufend innovative Produkte auf den Markt bringen.
Was haben Sie also gemacht?
Wir haben in unserem Home of Chocolate zwei kleinere Pilotanlagen installiert, welche die gleichen Funktionen haben wie unsere grossen Produktionsanlagen. Hier können wir nun nach Lust und Laune spielen, probieren, testen und feintunen, bis wir das Produkt so haben, wie wir es wollen. Und wenn wir mit einem neuen Produkt auf den Pilotanlagen so weit sind, können wir es einfach auf die grosse Anlage skalieren.
Davon versprechen wir uns einerseits einen grossen Schub bei der Markteinführung von neuen Produkten auf dem Premiummarkt. Andererseits erwarten wir auch eine Steigerung unserer Produktequalität, die nicht nur für einen weiterhin konstanten Abstand zu unseren nächstfolgenden Mitbewerbern sorgt, sondern diesen ausbaut.
Stehen Ihre Pilotanlagen auch Externen zur Verfügung?
Auf unseren neuen Pilotanlagen werden nicht nur wir arbeiten. Wir lassen hier auch Hochschulen und weitere Institute, die sich mit Schokolade beschäftigen, forschen und testen – beispielsweise die ETH und die Fachhochschule Wädenswil, aber auch Confiseure oder Start-ups. Gleichzeitig sind unsere Pilotanlagen ein idealer Ort für das Training und die Weiterbildung von Chocolatiers. Eine solche Plattform hat bislang gefehlt.
Das Home of Chocolate soll aber auch Endkonsumenten anziehen. An wen denken Sie da in erster Linie?
Wir sind für Gross und Klein gleichermassen interessant. Man kann deshalb sehr gut einen Freizeitausflug zu uns planen. Die Eintrittspreise haben wir bewusst moderat gehalten, so dass ein Besuch auch für Familien mit kleineren Budgets erschwinglich ist. Jeder soll die Möglichkeit haben, bei uns hineinzuschauen und einen Blick in die Welt der Schokolade zu werfen. Hinter dem Home of Chocolat steht ja nicht die Firma Lindt, sondern unsere Stiftung. Deshalb müssen wir auch keinen Gewinn erwirtschaften und dürfen grosszügig sein. Das machen wir gerne.
Was waren denn die grössten Knacknüsse bei der Umsetzung des Projekts?
Die Hindernisse waren vor allem baulicher Natur. Wir mussten den gesamten Hang hinter dem Gebäude mit bis zu 25 Meter langen Stollen fixieren. Da hier regelmässig Züge fahren, darf sich kein halber Zentimeter bewegen. Das wurde von den SBB während der Bauarbeiten laufend gemessen – und ich kann Ihnen sagen, da gab es nicht den kleinsten Spielraum.
Abgesehen davon hätte ich anfänglich auch niemals damit gerechnet, dass wir jemals einen komplett neuen Zufahrtstunnel zum Gebäude bauen müssen. Heute stehen unseren Besuchern 270 unterirdische Parkplätze auf zwei Etagen zur Verfügung. Die Einfahrt zur Tiefgarage erfolgt, Sie ahnen es, über einen neuen Tunnel …
Was hat das denn am Ende alles gekostet?
Die Gesamtinvestition für den Bau, den Innenausbau und die neuen Produktionsanlagen belief sich auf etwas über 100 Millionen Schweizer Franken.
Wieviele Besucher erwarten Sie pro Jahr?
Vor Covid gingen wir von jährlich 350’000 Besuchern aus. Jetzt müssen wir halt schauen, weil ja derzeit keine Ausländer zu Besuch kommen können. Umso mehr erwarten wir, dass in der aktuellen Lage mehr Schweizerinnen und Schweizer bei uns reinschauen.
Und woran haben Sie persönlich beim Home of Chocolat am meisten den Plausch?
Das Projekt in seiner Gesamtheit macht mir einfach wahnsinng Freude. Die Architektur (der Stararchitekten Christ & Gantenbein aus Basel, Anm. der Red.) ist fantastisch – schon fast wie ein Guggenheim-Museum. Und die Erlebniswelt für unsere Besucher wurde so gestaltet und umgesetzt, dass selbst ich nach 27 Jahren in dieser Branche noch Neues lernen kann. Über die Geschichte der Schokolade beispielsweise. Oder die Fermentation der Kakaobohne. Und natürlich faszinieren mich die beiden neuen Forschungs- und Entwicklungsanlagen. Das ist reines High-Tech-Equipment!
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